Der Paragraf 6 der Allgemeinen Waffengesetz-Verordnung (AWaffV) schließt bestimmte Schusswaffen von der sportlichen Verwendung und damit in der Regel auch vom Besitz durch Sportschützen aus.
Kaum ein Paragraf unserer Waffengesetzgebung wird so viel missverstanden wie dieser.
Allgemeine Waffengesetz-Verordnung (AWaffV)
§ 6 Vom Schießsport ausgeschlossene Schusswaffen
1) Vom sportlichen Schießen sind ausgeschlossen:
1. Kurzwaffen mit einer Lauflänge von weniger als 7,62 Zentimeter (drei Zoll) Länge;
2. ( halbautomatische Schusswaffen, die ihrer äußeren Form nach den Anschein einer vollautomatischen Kriegswaffe hervorrufen, die Kriegswaffe im Sinne des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen ist, wenn ) und (
a) oder die Lauflänge weniger als 40 Zentimeter beträgt,
b) oder das Magazin sich hinter der Abzugseinheit befindet (so genannte Bul-Pup-Waffen) oder
c) oder die Hülsenlänge der verwendeten Munition bei Langwaffen weniger als 40 Millimeter beträgt; )3. halbautomatische Langwaffen mit einem Magazin, das eine Kapazität von mehr als zehn Patronen hat.
(2) Das Verbot des Schießsports mit Schusswaffen und Munition im Sinne der Anlage 2 Abschnitt 1 des Waffengesetzes bleibt unberührt.
(3) Das Bundesverwaltungsamt kann auf Antrag eines anerkannten Schießsportverbandes Ausnahmen von den Verboten des Absatzes 1 zulassen, insbesondere wenn es sich um in national oder international bedeutenden Schießsportwettkämpfen verwendete Schusswaffen handelt.
(4) Zuständige Behörde für die Beurteilung der Schusswaffen nach Absatz 1 ist das Bundeskriminalamt.
Satz (1) 1 ist klar und deutlich, alle Kurzwaffen unter 7,62 cm Lauflänge, sind grundsätzlich nicht sportlich zugelassen, außer für bestimmte Disziplinen (Satz (3)).
Auf diesen Teil gehe ich daher nicht weiter ein.
Satz (1) 3. Wird zum Teil missverstanden, gemeint sind hier alle halbautomatischen Langwaffen, also auch halbautomatische Langwaffen für Randfeuerpatronen.
Es dürfen also sportlich weder bei halbautomatischen Langwaffen mit Zentralfeuerpatronen, noch bei solchen mit Randfeuerpatronen, wie .22LfB, verwendet werden.
Die Verwirrung kommt hier insbesondere durch das Verbot von Magazinen für halbautomatische Langwaffen für Zentralfeuerpatronen mit mehr als 10 Patronen Fassungsvermögen, welches zwar den Besitz von solchen Magazinen für Zentralfeuerpatronen verbietet, nicht aber den Besitz von Magazinen für Randfeuerpatronen.
Das größte Potential für Missverständnisse birgt Satz (1) 2.
Als Kriterien für den Ausschluss, gibt es hier mehrere technische und damit objektive Merkmale die logisch jeweils als „Oder Verknüpfung“ mit einem teils subjektiven optischen Kriterium „und verknüpft“ werden.
Wenn eine halbautomatische Schusswaffe den Anschein einer vollautomatischen Kriegswaffe gemäß KrWaffKontrG hervorruft und der Lauf kürzer als 40cm ist oder die Patronenhülsen kürzer als 40mm sind oder es sich bei der Schusswaffe um einen Bul-Pup Waffe handelt, dann ist diese vom Schießsport ausgeschlossen.
Nach der formellen Leseart steht am Anfang die Prüfung nach dem optischen Kriterium (sieht aus wie), erst dann kommt die Prüfung nach den technischen Merkmalen.
Im alltäglichen Umgang durch Aufsichten und Schießleiter bietet sich aber die Aufschlüsselung von hinten an, da es sich dabei um die objektiv messbaren technischen Angaben handelt.
Lauflänge, Hülsenlänge und ob das Magazin hinter dem Abzug liegt, ist für jedermann eindeutig erkennbar.
Ist der Lauf länger als 40cm und die Hülse länger als 40mm und das Magazin ist nicht hinter der Abzugseinheit, dann ist die Schusswaffe nicht vom sportlichen Schießen ausgeschlossen.
Ein BKA-Beurteilung über das nicht Vorliegen des Verbotes der sportlichen Verwendung ist hierbei überflüssig.
Feststellungsbescheide und Beurteilungen nach § 6 AWaffV des BKA gelten jeweils für die zur Prüfung vorgelegte Schusswaffe, ein solcher Bescheid ist allerdings nicht grundsätzlich notwendig, der Bescheid gibt nur die Rechtssicherheit für den Besitzer und Benutzer
Sportschützen schießen auch im Training sportlich und auch Jäger müssen den § 6 AWaffV beachten, wenn sie mit ihren Schusswaffen nach einer Sportordnung schießen.
Übrigens fallen unter diese Regelung auch Kurzwaffen!
Unklar wird es hingegen bei dem optischen Merkmal „halbautomatische Schusswaffen, die ihrer äußeren Form nach den Anschein einer vollautomatischen Kriegswaffe hervorrufen, die Kriegswaffe im Sinne des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen ist“.
Hier ist die Voraussetzung für die Beurteilung zum einen die Kenntnis, welche individuellen Schusswaffen unter das Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen (KrWaffKontrG) fallen und der optischen und technischen Kriterien aus diesem und dem § 37 Verbotene Waffen Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 aus dem alten Waffengesetz bis 2003, notwendig.
Zudem hat sich die Gewichtung der einzelnen Kriterien in den letzten Jahren stark gewandelt, kommt es doch auf den „Gesamteindruck“ an
Für den einfachen Legalwaffenbesitzer ist eine wahrscheinliche Aussage nur nach dem Studium der BKA-Feststellungsbescheide und Beurteilungen nach § 6 AWaffV des letzten Jahrzehnts möglich.
Eine Rechtssichere Aussage kann ausschließlich das BKA durch die Erstellung einer individuellen Beurteilung nach § 6 AWaffV geben, kosten dabei zuletzt 232,-€
Kriegswaffen im Sinne des KrWaffKontrG sind:
Anlage (zu § 1 Abs. 1) Kriegswaffenliste
[…]
29.
V. Rohrwaffen
a) Maschinengewehre, ausgenommen solche mit Wasserkühlung,b) Maschinenpistolen, ausgenommen solche, die als Modell vor dem 2. September 1945 bei einer militärischen Streitkraft eingeführt worden sind,
c) vollautomatische Gewehre, ausgenommen solche, die als Modell vor dem 2. September 1945 bei einer militärischen Streitkraft eingeführt worden sind,
d) halbautomatische Gewehre mit Ausnahme derjenigen, die als Modell vor dem 2. September 1945 bei einer militärischen Streitkraft eingeführt worden sind, und der Jagd- und Sportgewehre
Im Dokument „Erläuterungen zur Kriegswaffenliste“ sind darunter fallende Waffen nicht abschließend namentlich und Merkmale für ein Indiz der Kriegswaffeneigenschaft aufgelistet
- Entwicklung für militärische Zwecke,
- Umstellbarkeit oder Umrüstbarkeit mittels allgemein gebräuchlicher Werkzeuge auf die Abgabe von Dauerfeuer/Feuerstößen,
- Handschutz mit Lüftungsöffnungen, Kühlrippen am Waffenrohr,
- Seitengewehr oder Bajonettaufnahmevorrichtung,
- Mündungsfeuerdämpfer, Mündungsbremse, Gewehrgranataufnahmemöglichkeit,
- abklappbare oder einschiebbare Schulterstütze oder
- Wechselmöglichkeit für Magazine mit mehr als 10 Patronen
Für den § 37 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Waffengesetz bis 2003 kamen noch nicht hinzu:
- Magazin steht über das Griffstück heraus
- Trommelmagazin
- Pistolengriff
- Aufstützvorrichtung (z.B. Zweibein)
- Tragegriff mit integrierter Visiereinrichtung
Darüber urteilte das Hessische VGH im Urteil vom 10.7.2012 – 4 A 152/11
Da halb- und vollautomatische Schusswaffen, mit Ausnahme von Maschinengewehren, die vor dem 2. September 1945 militärisch eingeführt wurden nicht als Kriegswaffe im Sinne des Gesetzes fallen, sind deren halbautomatischen Varianten und Schusswaffen die exakt wie diese aussehen, nicht nach § 6 AWaffV vom Schießsport ausgenommen.
Dies führt dazu, das z.B. ein SKS 45 im Originalzustand (ohne Bajonett) sportlich zugelassen ist, nicht aber in einer Schäftung mit Wechselmagazin, da es hier den Anschein eines Chinesischen Typ 63 hervorrufen würde.
Urteil des VG Wiesbaden vom 21.1.2016 6 K 1480/15.WI
Daher gibt es z.B. auch halbautomatische Büchsen mit Randfeuerpatronen, die wie eine MP-40 aussehen oder halbautomatische Varianten der MP-40 in 9mm Para
Ebenso fallen klassische Pistolen nicht unter den Ausschluss, da Reihenfeuerpistolen, wie z.B. eine Glock 18, keine Kriegswaffen sind.
Hingegen ist die SP5k vom sportlichen Schießen ausgeschlossen.
Eindeutig unter den Anschein fallen aber halbautomatische Schusswaffen, die exakt wie Kriegswaffe im Sinne des KrWaffKontrG fallen, also z.B. aussehend wie ein G3, ein M16A1, ein M4A1 Carbine, eine MP5 oder viele mehr.
Schwammig wird es bei halbautomatischen Schusswaffen, die nicht „exakt wie“ aussehen, hier kommt der subjektive Gesamteindruck ins Spiel.
Es führen hier also, wie im Urteil des VGH entschieden, nicht zwangläufig einzelne Merkmale zu einem Ausschluss, sondern der Gesamteindruck.
Hierzu kann keine umfänglich gültige Aussage getroffen werden, waren noch vor wenigen Jahren einschiebbare Schulterstützen und angebaute Mündungskomponenten undenkbar, so gibt es heute Feststellungsbescheide mit positiver Feststellung der sportlichen Zulassung für Schusswaffen der AR-15 Bauart mit Schubschäften und Kompensatoren an der Mündung und für AK-47 Varianten mit Kunststoffschäftung und geschlossenem Vorderschaft.
Jüngst bekam Oberland Arms eine Freigabe mit aufgeschraubtem Mündungsfeuerdämpfer.
Als absolutes Ausschlusskriterium für eine positive BKA-Beurteilung nach § 6 AWaffV gelten zum jetzigen Zeitpunkt aber Löcher im Handschutz um den Lauf, da diese als „Lüftungsöffnungen“ bewertet werden, Mündungsbremsen, Bajonettaufnahmen und Magazine, die über den Pistolengriff hinausstehen.
Die Farbgebung wird hingegen nicht berücksichtigt.
Wie etwaige Magazinverlängerungen bewertet werden, kann ich zu diesem Zeitpunkt nicht sagen.
Wer an einer Schusswaffe mit positiven BKA-Beurteilung nach § 6 AWaffV Komponenten tauscht, die den optischen Eindruck verändern, sollte sich auf alle Fälle an aktuellen veröffentlichten BKA-Feststellungsbescheiden und Beurteilungen orientieren.
Diese werden im Bundesanzeiger veröffentlich und mit Verzögerung auch auf der Internetseite des BKA unter https://www.bka.de/DE/IhreSicherheit/Feststellungsbescheide/feststellungsbescheide_node.html bereitgestellt.
Um nach einem Umbau auf der rechtlich sicheren Seite zu sein, kann eine individuelle Beurteilung nach § 6 AWaffV beim BKA angefordert werden.
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