Zum Thema: Die ominösen Merkmale der „kriegswaffenähnlichen Waffen“ und der moderne Schießsport
Von: Peter Biller
Von Seiten der SPD und Bündnis 90 / Die Grünen hört man in letzter Zeit immer wieder Aussagen wie „Weder für die olympischen Schießdisziplinen noch für die Jagd besteht ein objektives Bedürfnis für den Erwerb und Besitz von kriegswaffenähnlichen halbautomatischen Feuerwaffen.“ oder „ich konnte noch nie nachvollziehen, warum jemand kriegswaffenähnliche Waffen für den Schießsport benötigt“.
Historisch sind aber gerade SPD und Die Grünen jene Parteien gewesen, die mit der Neuregelung des Waffengesetzes anno 2002 das bis damals geltende Verbot solcher Schusswaffen aufhoben, da es schlicht sicherheitstechnisch keinerlei Gewinn brachte.
Was versteht denn nun die SPD unter „kriegswaffenähnlichen halbautomatischen Schusswaffen“?
Im Referentenentwurf des Bundesministerien des Innern (BMI) findet sich der leicht abgewandelte Text des Waffengesetz-Paragraphen 37 aus der Zeit vor 2002 wieder:
„Folgende äußerliche Merkmale einer halbautomatischen Feuerwaffe sind dabei insbesondere geeignet, den äußeren Anschein einer Kriegswaffe hervorzurufen: Ein herausstehendes langes Magazin / Trommelmagazin, Mündungsfeuerdämpfer (bzw. Mündungsbremse /Stabilisator), Kühlrippen oder andere sichtbare, der Kühlung dienende Vorrichtungen am Handlauf, ein pistolenartiger, mit dem Abzug bzw. Vorderschaft kombinierter Griff, eine Aufstützvorrichtung sowie eine (Teleskop-) Schulterstütze, die teilweise kipp- oder schiebbarist. Maßgeblich für die Beurteilung des äußeren Anscheins ist dabei die Gesamtbetrachtung der äußeren Merkmale.“
Begründen möchte die SPD das Verbot mit einer These: „Sie sollen in erster Linie das Gefühl vermitteln, mit einer Kriegswaffe zu schießen. Außerdem wirken kriegswaffenähnliche halbautomatische Feuerwaffen durch ihre martialische Optik besonders anziehend auf bestimmte Personenkreise und Tätergruppen, welche für Amoktaten und Terroranschläge eine hohe Relevanz aufweisen.“
Hält diese Aussage einer objektiven Überprüfung stand?
Lasst uns das gemeinsam Punkt für Punkt durch gehen.
Vorweg – durch die Waffengesetzänderung von 2020 wurden die Magazine für halbautomatische Langwaffen mit Zentralfeuermunition über 10 Patronen Fassungsvermögen verboten. Das Merkmal „ein herausstehendes langes Magazin / Trommelmagazin“ ist zu diesem Zeitpunkt also bereits hinfällig. In den eingangs genannten politischen Aussagen über die Bedürfnisse des Schießsport kommt schon ab dem dritten Wort der Bezug auf die „olympischen Schießdisziplinen“. Schauen wir uns deshalb einfach mal ein modernes KK-Matchgewehr für die olympischen Disziplinen an.
Bereits an unserem ersten Beispiel, dem Anschütz 22 MAX finden wir:
- einen pistolenartigen, mit dem Abzug kombinierter Griff
- eine Aufstützvorrichtung
- eine Schulterstütze, die teilweise kipp- oder teleskopartig schiebbar ist
Zudem verfügt dieses Gewehrmodell über eine Visierlinien-Verlängerung, die vorn am Lauf angebracht ist. Naturgemäß dämpft diese auch das Mündungsfeuer und wirkt angeblich stabilisierend auf das Geschoss. Laienhaft könnte man also das Teil auch als einen „Mündungsfeuerdämpfer (bzw. Mündungsbremse/Stabilisator)“ bezeichnen.
Allein am ersten Beispiel für ein high-end Sportgewehr finden wir also schon vier der sechs BMI-Merkmale für „Kriegswaffen“.
Kommen wir nun zu zweiten Beispiel – ein Walther KK500 Expert Ultra Light.
Auch hier finden wir wieder unsere vorgenannten vier Merkmale. Nur hat dieses Gewehr auch noch Kühlrippen am Rohr oder andere sichtbare, der Kühlung dienende Vorrichtungen am Handlauf. Damit erreichen wir hier bereits fünf der sechs Verbotsmerkmale.
Aber Moment mal: Wie komme ich jetzt dazu seitliche Öffnungen, die doch nur der Gewichtsersparnis dienen, als „der Kühlung dienende Vorrichtungen“ zu bezeichnen?
Werfen wir zum Vergleich mal einen Blick auf eine high-end IPSC Matchbüchse auf der Basis eines halbautomatischen AR-15 System im Pistolenkaliber.
Das BKA bewertet die rein der Gewichtsersparnis dienenden Schlitze am Handlauf als „der Kühlung dienende Vorrichtungen“, wodurch diese halbautomatische Büchse bereits jetzt nach §6 AWaffV vom sportlichen Schießen ausgeschlossen ist. Denn laut BKA erweckt diese Büchse unter Laien den Anschein einer vollautomatischen Kriegswaffe.
Im Gegensatz dazu steht diese high-end IPSC Matchbüchse
… die durch ihren geschlossenen Handlauf nicht den Anschein einer vollautomatischen Kriegswaffe erweckt. So der Bescheid des BKA. Es kommt also bei Merkmalen wie Öffnungen am Handlauf, nicht darauf an zu welchem Zweck der Hersteller diese anbrachte, sondern, was Laien darin sehen.
Bei einem Handlauf dieser Art, haben die verschiedenen Schlitze zum einen den Zweck der Gewichtsersparnis (wie oben bei der KK Matchbüchse). Sie können aber anderseits auch als Montagepunkte dienen.
Solche Montagemöglichkeiten beschränken sich eben so wenig auf Kriegswaffen, wie wir an unseren Beispielen der olympischen Matchbüchsen sehen können.
Denn Montagepunkte oder Schienen dienen der flexiblen Anbringung von „Aufstützvorrichtungen“ oder z.B. Trimmgewichten. Trimmgewichte? Ja richtig, wie z.B. auch bei einem Rennwagen, kann ein Trimmen der Gewichtsverteilung im Schießsport von Vorteil sein.
Halten wir nun also fest, alle aktuell zivil noch möglichen Merkmale für „Kriegswaffen“ sind beim besten Willen nicht auf Kriegswaffen beschränkt. Nein, sie finden sich an allen aktuellen Hochleistungsmatchgewehren, selbst an Luftgewehren.
Warum ist dies der Fall?
Ganz einfach, Form folgt Funktion. Diese Merkmale sind ergonomisch für den Sport von Vorteil und der Schießsport wird schlussendlich von derselben Gattung Lebewesen betrieben wie die Gattung, die als Soldaten ihrem Land dienen, dem homo sapiens, vulgo Menschen.
Und mit solchen Modellen ist olympisch kein Blumentopf mehr zu gewinnen.
Stopp, du hast den Letzten Satz übersehen!
„Maßgeblich für die Beurteilung des äußeren Anscheins ist dabei die Gesamtbetrachtung der äußeren Merkmale“
Habe ich das? Nein, denn ganz ehrlich, seht ihr in dem orangen IPSC-Gewehr oben den Gesamteindruck? Es wurde trotzdem mit BKA-Bann belegt. Die Farbe spielt dabei nämlich keine Rolle mehr.
Und auch wir Sportschützen mögen es bunt an unseren Gewehren, durch moderne Lackierungsverfahren sind heute der Phantasie nur noch durch den Geldbeutel Grenzen gesetzt.
Leider geht solch eine Lackierung in die 300 bis weit über 500 Euro ohne dass diese, anders als die angeblichen Merkmale von Kriegswaffen, keinen sportlichen Vorteil bringt.
Halbautomatische Sportgewehre wegen ihrer Ergonomie als „kriegswaffenähnlich“ zu titulieren, hat für die Politik nur einen Zweck:
Mit den Gefühlen der breiten Masse zu spielen und diese Gefühle für ihren Zweck zu manipulieren!
Was wohl eigentlich gemeint sind, sind die martialischen Auftritte von Rambo & Co., bei denen vermutet wird, einfach gestrickte Jugendliche und Heranwachsende zu pubertären Ballerspielen in der Öffentlichkeit zu verleiten. Das hat aber mit Kriegswaffenähnlichkeit der Waffen nicht viel zu tun, es sind wohl mehr die schweißgebadeten Muskeln im Lederkostüm und der schmerzerfüllt verzerrte Blick. In Wahrheit ist alles, was das Militär von seinen Waffen verlangt, nur Zweckmäßigkeit und nichts weiter. Und zweckmäßig sollte auch jedes Sportgerät sein, oder nicht?
An meiner AR15 kann ich jedenfalls nichts martialisches finden, die ist einfach nur zweckmäßig.