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Hinweis zum Inhalt
Dieser Artikel stützt sich auf öffentlich verfügbare Informationen. Zusammenhänge die nicht mit Quellen versehen wurden basieren auf Interpretationen, die zum Zeitpunkt der Erstellung weder belegt noch widerlegt werden können, da die dazu notwendigen Daten nicht öffentlich verfügbar sind.
In einer Zeit, in der Deutschland von tragischen Gewalttaten erschüttert wird, fordert Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) energisch eine Verschärfung des Waffengesetzes. Ihr Vorstoß, mutmaßlich motiviert durch das Bedürfnis, zukünftige Gewalt zu verhindern, trifft jedoch auf erheblichen Widerstand innerhalb der Koalition, insbesondere von der FDP. Der Kern der Debatte dreht sich um die Frage, ob die vorgeschlagenen Maßnahmen – darunter geänderte Zuverlässigkeitsprüfungen für Waffenbesitzer, die Einführung eines ärztlichen Zeugnisses zur Überprüfung der psychischen Eignung, Beschränkungen beim Gastschießen und das Verbot bestimmter halbautomatischer Waffen – tatsächlich geeignet sind, Gewalt effektiv zu verhindern.
Dieser Artikel untersucht die komplexe Auseinandersetzung zwischen dem Wunsch nach erhöhter Sicherheit und der Bewahrung bürgerlicher Freiheiten, zwischen evidenzbasierter Politikgestaltung und politischem Druck. Er hinterfragt kritisch, ob die Verschärfung des Waffengesetzes der richtige Weg ist, um Gewalttaten vorzubeugen, oder ob nicht vielmehr eine verbesserte Durchsetzung bestehender Gesetze und eine optimierte Kommunikation zwischen den Behörden wirkungsvoller wären.
In der folgenden Analyse werden die unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet, die politischen Differenzen innerhalb der Koalitionsregierung aufgezeigt und die Herausforderungen einer Politikgestaltung diskutiert, die sowohl effektiv als auch respektvoll gegenüber den Freiheitsrechten der Bürger ist. Der Artikel lädt dazu ein, die Balance zwischen Sicherheit und Freiheit neu zu bewerten und unterstreicht die Notwendigkeit einer fundierten, datengetriebenen Politik in einer Zeit, die sowohl von emotionalen Reaktionen als auch von der Suche nach nachhaltigen Lösungen geprägt ist.
Hintergrund dieses Artikels
Ich bin nicht bereit, auf weitere furchtbare Gewalttaten zu warten, bis wir handeln.
Nancy Faeser (SPD)
Mit diesen Worten leitet Frau Faeser (SPD) am 09.03.2024 einen emotional geladenen Angriff auf die Position der FDP ein. Diese würde ihren vermeintlich sinnvollen Plänen im Wege stehen, das deutsche Waffengesetz zu verschärfen. Immerhin lägen diese Pläne nun seit über einem Jahr vor [1].
Der Zeitpunkt für Faesers Versuch, mit derartiger Polemik den Widerstand der FDP zu brechen, könnte günstiger nicht sein. Am 09.03.2024 jährte sich der schreckliche Amoklauf in einem Hamburger Gemeindezentrum der Zeugen Jehovas. Eine Woche vor Faesers Statement, am 01.03.2024, tötete ein Bundeswehrsoldat den neuen Freund seiner Ex-Frau, dessen Mutter, eine Freundin seiner Ex-Frau und deren dreijähriges Kind.
An Tagen wie diesen kochen die Emotionen hoch und das bleibt natürlich auch einer Innenministerin nicht verborgen. Aber um welche Forderungen geht es eigentlich? Wären Frau Faesers Änderungswünsche tatsächlich geeignet, Gewalttaten zu verhindern? Und warum „blockiert” die FDP ihr Gesetzesvorhaben?
Um diese Fragen zu beantworten, müssen wir am Anfang der Legislaturperiode der aktuellen Ampelregierung beginnen.
Der Koalitionsvertrag
Am 07.12.2021 unterzeichneten die derzeitigen Regierungsparteien (SPD, FDP und Grüne) ihren Koalitionsvertrag [2]. In diesem heißt es zur Thematik des Waffengesetzes:
Waffenrecht, Sicherheitsdienste
Die weit überwiegende Zahl der Waffenbesitzerinnen und -besitzer ist rechtstreu. Terroristen und Terroristen sowie Extremistinnen und Extremisten gilt es, konsequent zu entwaffnen. Wir evaluieren die Waffenrechtsänderungen der vergangenen Jahre und gestalten bestehende Kontrollmöglichkeiten gemeinsam mit den Schützen- und Jagdverbänden sowie mit den Ländern effektiver aus.
Zudem verbessern wir die kriminalstatistische Erfassung von Straftaten mit Schusswaffen sowie den Informationsfluss zwischen den Behörden. Bei Gegenständen, für die ein Kleiner Waffenschein erforderlich ist, soll dieser künftig auch beim Erwerb vorgelegt werden müssen.
Private Sicherheitsdienste werden wir mit verbindlichen Standards in einem eigenen Gesetz regulieren.
Es wird von einer Evaluierung des Waffengesetzes, einem gemeinsamen Vorgehen mit Schützen- und Jagdverbänden, einer Verbesserung der kriminalstatistischen Erfassung und einem eigenen Gesetz für private Sicherheitsdienste gesprochen. Mit Ausnahme einer Erwerbsberechtigung für SRS-Waffen durch den kleinen Waffenschein ist von einer Verschärfung des Waffengesetzes keine Rede.
Da das Waffengesetz zweifellos ein Sicherheitsgesetz ist, ist auch der Abschnitt „Freiheit und Sicherheit“ des Koalitionsvertrags von Interesse. Darin heißt es:
Wir sorgen für eine vorausschauende, evidenzbasierte und grundrechtsorientierte Sicherheits- und Kriminalpolitik. Dies werden wir mit einer unabhängigen interdisziplinären Bundesakademie begleiten.
Die Eingriffe des Staates in die bürgerlichen Freiheitsrechte müssen stets gut begründet und in ihrer Gesamtwirkung betrachtet werden. Die Sicherheitsgesetze wollen wir auf ihre tatsächlichen und rechtlichen Auswirkungen sowie auf ihre Effektivität hin evaluieren. Deshalb erstellen wir eine Überwachungsgesamtrechnung und bis spätestens Ende 2023 eine unabhängige wissenschaftliche Evaluation der Sicherheitsgesetze und ihrer Auswirkungen auf Freiheit und Demokratie im Lichte technischer Entwicklungen. Jede zukünftige Gesetzgebung muss diesen Grundsätzen genügen.
Dafür schaffen wir ein unabhängiges Expertengremium (Freiheitskommission), das bei zukünftigen Sicherheitsgesetzgebungsvorhaben berät und Freiheitseinschränkungen evaluiert. […]
Auch in diesem Abschnitt wird von einer Evaluierung gesprochen, um Sicherheitsgesetze auf ihre Effektivität und Auswirkungen hin zu überprüfen und eine evidenzbasierte und grundrechtsorientierte Sicherheits- und Kriminalpolitik zu ermöglichen. Die Evaluation soll unabhängig und wissenschaftlich durchgeführt werden und alle zukünftigen Gesetzesvorhaben sollen den Ergebnissen der Evaluation sowie dem evidenzbasierten, grundrechtsorientierten Vorgehen genügen.
Das stellt klare Aufgaben für das Bundesministerium des Innern (BMI) dar, dessen Leitung Frau Faeser als Bundesinnenministerin innehat. Was ist seitdem passiert?
Chronologie und Kontroversen in der Waffengesetzdebatte
Bereits am 17.12.2021, elf Tage nach ihrem Amtsantritt, forderte Frau Faeser eine Verschärfung des Waffengesetzes und trat damit die im Koalitionsvertrag getroffen Vereinbarungen mit Füßen. Als Auslöser für ihr plötzliches Ansinnen nannte sie den Amoklauf von Hanau im Jahr 2020. Allerdings wies sie auch darauf hin, es würde „nichts bringen ein schärferes Waffengesetz zu beschließen, wenn es in den Ordnungsämtern und Kommunen kein Personal gibt, um es zu vollstrecken.“ [3].
Am 15.03.2022 berichtete die TAZ, es wären 1500 rechtsextremistische Personen mit Waffenerlaubnissen bekannt. Frau Faeser hätte in diesem Zusammenhang angekündigt, dass Waffenbehörden künftig von psychischen Erkrankungen von Waffenbesitzern erfahren. Wie das vonstattengehen sollte, blieb jedoch offen. [4]
Anschließend wurde es zunächst ruhig um das Thema, bis die Bundesanwaltschaft am 07.12.2022 die seither sogenannte „Reichsbürger-Razzia“ durchführte [5]. Am 11.12.2022, vier Tage nach besagter Razzia, stand für Nancy Faeser fest, dass schnellstmöglich eine Verschärfung des Waffengesetzes hermuss [6]. Konstantin Kuhle, Vizevorsitzender der FDP-Bundestagsfraktion, versuchte, Frau Faeser einzubremsen und wies darauf hin, dass es „keiner Verschärfung des Waffengesetzes bedarf, um Reichsbürger zu entwaffnen“, aber es mangele den Waffenbehörden an Personal.
Drei Tage später, am 14.12.2022, wurde Frau Faeser beim MDR zitiert. Sie sagte: „Halbautomatische Waffen braucht man im Privatbesitz nicht zu haben.“ Man müsse handeln und eine Verschärfung des Waffengesetzes sei „generell richtig“. [7]
Erneut bekam sie Gegenwind von der FDP. Diesmal in Form von Bundesjustizminister Marco Buschmann, der darauf hinwies, dass das geltende Recht bereits streng genug sei, Gesetze nicht gegen illegalen Waffenbesitz wirken würden und man den Fokus darauflegen sollte, das bestehende Gesetz besser durchzusetzen.
Kurz darauf meldeten sich auch die Grünen zu Wort.
Am 19.12.2022 titelte das RND: „Grüne dringen auf schärferes Waffenrecht“. In dem Artikel wurde Irene Mihalic (Grüne) zitiert. Sie appellierte an die FDP, sich einer Verschärfung des Waffengesetzes gegenüber nicht zu verschließen. Zusätzlich wies sie darauf hin, dass im Koalitionsvertrag eine Evaluierung des Waffengesetzes vereinbart wurde und sie daraufsetzen würde, dass „sich auch die FDP einer solchen ehrlichen Analyse nicht entgegenstellt“ [8].
Nur zehn Tage danach, am 29.12.2022, berichtete man bei All4Shooters über einen geleakten Gesetzesentwurf, der im Internet verfügbar sei [9]. Zu diesen Zeitpunkt hielten viele Leser diesen Entwurf noch für Fake News und maximal einen schlechten Witz. Im Laufe des nächsten Monats kristallisierte sich aber heraus, dass es sich wahrscheinlich um einen authentischen Leak handelt. Der Inhalt dieses Dokuments wird im Abschnitt „Der geleakte Referentenentwurf“, thematisiert.
In der Silvesternacht von 2022 auf 2023 kam es zu teils schwerwiegenden Ausschreitungen. Hauptsächlich in Berlin, aber auch in anderen Teilen Deutschlands.
Am 09.01.2023 erschien ein Artikel im Onlineangebot der Tagesschau. Unter der Überschrift „Faeser plant strengeres Waffengesetz“, wird auf einen 48-Seitigen Referentenentwurf hingewiesen. Dieser sehe mehrere Verschärfungen vor. Eine davon sei ein Verbot „kriegswaffenähnlicher halbautomatischer Gewehre“ [10].
Genau genommen zielt dieser Vorschlag hauptsächlich auf ein Verbot der zivilen Variante der AR-15 Plattform und ähnlich aussehender Waffen ab, da diese angeblich häufig für Anschläge verwendet würden. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte jedoch kein einziger Amoklauf oder Anschlag innerhalb der EU mit einer solchen Waffe stattgefunden. Die Tatsache, dass die gesamte Diskussion importiert wirkt und nicht auf der Situation in Deutschland basiert, wurde in den öffentlich-rechtlichen Medien nicht thematisiert.
Marcel Emmerich (Grüne) meldete sich zu Wort. Man habe „im Koalitionsvertrag zurecht Änderungen beim Waffenrecht festgehalten“, es würde Defizite im Waffengesetz geben, die von den Grünen seit Jahren angemahnt würden. Diese Defizite würden durch die Silvesternacht und die Reichsbürger-Razzia deutlich gemacht.
Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) betonte weiterhin, dass die bestehenden Regelungen ausreichend seien und lediglich konsequenter angewendet werden müssten.
Der innenpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Manuel Höferlin, sprach sich dafür aus, „zu einer sachlichen Debatte zurückzukehren.“ und die Strafverfolgungsbehörden besser auszustatten und zu vernetzen.
Sebastian Fiedler, Innenexperte der SPD, wies darauf hin, dass man Vollzugsdefizite aufgrund von Personalmangel berücksichtigen müsse. Er warnte, dass die geplanten Änderungen, insbesondere bezüglich Schreckschusswaffen „die Waffenbehörden sonst zum Kollaps bringen“ könnten.
Nun war also die Katze aus dem Sack. Trotz anderslautender Vereinbarungen im Koalitionsvertrag und mehrerer klarer Arbeitsaufträge an das BMI, hatte Frau Faeser nicht nur einen Gesetzesentwurf erarbeiten lassen, der gegen den Koalitionsvertrag verstößt, sondern auch mit der Bearbeitung der vertraglich geregelten Vereinbarungen scheinbar noch gar nicht begonnen.
Es fehlte an einer Evaluierung des Waffengesetzes; die hierfür notwendigen Daten, die unter anderem durch eine Verbesserung der kriminalstatistischen Erfassung hätten erlangt werden sollen, waren nicht erhoben worden. Ein Gesetzesentwurf für private Sicherheitsdienste lag ebenfalls nicht vor. Die im Koalitionsvertrag zugesicherte Zusammenarbeit mit Schützen- und Jagdverbänden hatte nicht stattgefunden, und an der Ausstattung sowie dem Personal der Waffenbehörden gab es keine Veränderungen. Auch neue Meldewege zur Verbesserung der Kommunikation zwischen den Behörden wurden nicht eingerichtet. Stattdessen sah Faesers Entwurf die Einbindung weiterer Behörden vor.
Doch damit nicht genug. Statt die Vorlage des kleinen Waffenscheinens beim Erwerb von Schreckschusswaffen zu fordern, sollte dieser nun auch beim Erwerb von Armbrüsten vorgelegt werden. Worauf sich dieser Vorschlag stützt, ist bis heute weiterhin unklar.
Trotz alledem versuchte Frau Faeser diesen vertragswidrigen Gesetzesentwurf einzubringen und wurde prompt von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) gestoppt. N-TV berichtete am 13.01.2023, das Finanzministerium habe Widerspruch eingelegt und auf die noch ausstehende Evaluierung verwiesen [11].
Danach wurde es zunächst wieder still, bis die Grünen sich dazu entschieden 11.04.2023 und scheinbar gänzlich ungeprüft, ein „Gutachten” zu veröffentlichen und daraus Forderung abzuleiten [12]. Aufgrund der Irrelevanz dieses „Gutachtens“ soll an dieser Stelle nicht weiter darauf eingegangen, aber auf einen Artikel von Jagdschein-info.com verwiesen werden [13].
Schließlich wurde am 17.05.2023 vom VDB berichtet, dass das BMI hätte einen Fragenkatalog zum 3. Waffenrechtsänderungsgesetz, zwecks Evaluierung der letzten Waffengesetzänderungen, an die Verbände und die Waffenbehörden der Länder herausgegeben hätte [14].
Allerdings handelte es sich bei dieser Evaluierung eben nicht um eine unabhängige und wissenschaftliche Evaluierung des Waffengesetzes, wie es eigentlich vereinbart wurde, sondern lediglich um eine „interne Selbstevaluierung“ des BMI, bezüglich ausschließlich der letzten Änderungen im Waffengesetz.
Die eigentliche Aufgabenstellung wurde also in mehrerlei Hinsicht verfehlt. Die ausgefüllten Fragebögen sollten bis zum 23.06.2023 beim BMI eingereicht werden.
Nur drei Tage nach dieser Abgabefrist, am 26.06.2023, wurde das BKA-Lagebild Waffenkriminalität für das Jahr 2022 veröffentlicht [15]. Bei vielen Fachleuten und Interessierten machte sich schnell Ernüchterung breit. Denn dieses Lagebild enthielt weiterhin dieselben Datenlücken und eine Differenzierung zwischen legalen und illegalen oder erlaubnispflichtigen und erlaubnisfreien Waffen war noch immer nicht enthalten. Die im Koalitionsvertrag vereinbarte „Verbesserung der kriminalstatistischen Erfassung“ wurde nicht umgesetzt.
Stattdessen sollte sich das BMI nun zwei Monate lang mit einer internen Selbstevaluierung befassen, die weder umfangreich genug noch grundsätzlich geeignet war, den Vereinbarungen im Koalitionsvertrag zu entsprechen.
Das Ergebnis dieser nicht unabhängigen Selbstevaluierung wurde am 30.08.2023 auf den Seiten des BMI veröffentlicht [16]. Wie aufgrund der Fragestellungen zu erwarten war, wurde seitens der Waffenbehörden Änderungsbedarf attestiert, während tiefgehende Auswertungen, aufgrund fehlender statischer Daten, nicht durchgeführt werden konnten. Die Verbände kritisierten (neben Art und Umfang der Evaluierung) vor allem die gestiegenen Bearbeitungszeiten. Erneut also ein Hinweis darauf, dass es in den zuständigen Behörden an Personal fehlt.
Wenige Tage darauf widmete sich Frau Faeser zunächst ihrem Wahlkampf in Hessen [17]. Trotz ihrer Position als Bundesinnenministerin wollte die als Ministerpräsidentin für Hessen kandidieren. Im Falle einer erfolgreichen Wahl, sollte sie als Bundesinnenministerin ersetzt werden. Sollte die Wahl negativ ausfallen, würde sie aber an ihrem Amt festhalten.
Nachdem sie nicht nur ihre Social Media Accounts als Bundesinnenministerin für den Wahlkampf in Hessen genutzt, sondern auch das schlechteste Wahlergebnis in der Geschichte ihrer SPD eingefahren hatte [18], entdeckte sie, kurz vor Jahresende, wieder das Thema Waffengesetze für sich. Am 29.12.2023 wurde sie in der Zeit zitiert: „Es wäre verantwortungslos, diese Diskussion erst nach einer weiteren furchtbaren Gewalttat erneut zu führen.“, gab sie zu Protokoll [19]. Doch die großen Silvesterkrawallen, auf deren Welle sie scheinbar surfen wollte, um den gesellschaftlichen Druck zu erhöhen, blieben aus.
Am 13.02.2024 veröffentlichte das BMI ein Maßnahmenpaket mit „13 Maßnahmen gegen Rechtsextremismus“. Punkt 9 dieses Maßnahmenpaketes, wie könnte es auch anders sein, eine Verschärfung des Waffengesetzes muss her, um Rechtsextremisten zu entwaffnen [20].
Frau Faeser scheint dieses Thema enorm wichtig zu sein. Statt jedoch schon zu Beginn ihrer Amtszeit die Weichen für möglicherweise sinnvolle und umfassende Änderungen im Waffengesetz zu stellen, indem sie, wie aufgetragen und vertraglich vereinbart, Punkt für Punkt die Grundlagen dafür schafft, versuchte sie nun ihren Entwurf einfach unter anderem Namen, und eingebettet in einem Maßnahmenpaket, erneut einzubringen.
Da auch dieser Winkelzug von der FDP bemerkt und abgelehnt wurde, versucht Frau Faeser nun den Druck auf ihren Koalitionspartner weiter zu erhöhen. Die FDP möge ihrem Gesetzesentwurf doch bitte endlich zustimmen. Sie wäre schließlich auch zu Kompromissen bereit, (nachdem sie alle regulären Chancen hat verstreichen lassen) [1].
Der geleakte Referentenentwurf
Nachdem wir nun ausführlich darüber gesprochen haben, warum die FDP sich gegen die entsprechenden Gesetzespläne sperren könnte, wollen wir uns endlich mit dem Inhalt beschäftigen.
Frau Faeser wird, wie im vorherigen Abschnitt ausführlich erläutert, nicht müde darauf hinzuweisen, dass die von ihr geplanten Änderungen notwendig wären, um Gewalttaten zu verhindern. Als Beispiele nannte sie Hanau, eine Reichsbürger-Razzia, Silvesterkrawallen, und den Amoklauf in Hamburg.
Wären ihre Maßnahmen notwendig und geeignet gewesen, diese Taten zu verhindern?
Der geleakte Gesetzesentwurf [21] beinhaltet zusammengefasst die folgenden Änderungen:
- Verschärfung der Zuverlässigkeitsprüfungen:
Die Kriterien für die Zuverlässigkeitsprüfung werden erweitert, um zusätzliche Abfragen bei einer breiteren Palette von Behörden zu ermöglichen, einschließlich Verfassungsschutzbehörden, dem Bundeszentralregister, dem Staatsanwaltschaftlichen Verfahrensregister, den Nachrichtendiensten des Bundes und der Länder, der Bundespolizei, den Gesundheitsämtern und dem Zoll. Die geänderten Kriterien sollen auch die Prüfung von Verhalten umfassen, das auf eine mögliche Radikalisierung oder Beteiligung an extremistischen Aktivitäten hinweist. - Einführung ärztlicher Zeugnisse:
Erstantragsteller für eine waffenrechtliche Erlaubnis müssen ein ärztliches Zeugnis vorlegen, das ihre psychische Eignung bestätigt (MPU), ausgestellt von einem Amtsarzt oder einem Facharzt mit entsprechender Qualifikation. - Einschränkung beim Gastschießen:
Das Gastschießen soll nur noch mit bestimmten Waffen möglich sein. - Verbot kriegswaffenähnlicher halbautomatischer Waffen:
Halbautomatische Waffen, die aufgrund ihrer äußeren Merkmale Kriegswaffen ähneln, sollen verboten werden. - Umbauanforderung für bestehende Waffen:
Besitzer von nun verbotenen halbautomatischen Waffen müssen diese umbauen oder umbauen lassen, um den „kriegswaffenähnlichen Anschein“ zu entfernen. Alternativ bleibt die Vernichtung der jeweiligen Waffe. Das Bundeskriminalamt (BKA) legt Standards für die Umbauten fest und überprüft die Waffen anhand eines Kriterienkatalogs auf den entsprechenden Anschein. Gelbmarkierungen können genutzt werden um den „kriegswaffenähnlichen Anschein“ zu entfernen. - Kleiner Waffenschein als Erwerbsberechtigung für Armbrüste und Schreckschusswaffen:
Neue Regelungen sollen den Erwerb und Besitz dieser Waffenarten regulieren. - Verbesserung des Informationsaustausches zwischen Behörden:
Ein effizienterer Austausch von Informationen über Personen, die als unzuverlässig im Sinne des Waffengesetzes gelten, wird zwischen verschiedenen Behörden angestrebt.
Notwendige Maßnahmen, oder ideologischer Selbstzweck?
Die erste Maßnahme betrifft die Zuverlässigkeitsprüfung. Obwohl bei vergangenen Taten immer wieder auffiel, dass die Kommunikation zwischen den einzelnen Behörden bestenfalls als mangelhaft zu bezeichnen ist, sollen nun weitere Behörden mit eingebunden werden.
Dadurch dürfte sich die Bearbeitung einzelner Anliegen noch mehr in die Länge ziehen, als es ohnehin schon der Fall ist. Zusätzlich soll die „Extremistenklausel” aufgeweicht werden. Im Grunde sollen Vermutungen die bisher notwendigen Beweise ersetzen, um mutmaßliche Extremisten und Reichsbürgern ihre Erlaubnisse entziehen zu können.
Diese Aufweichung ist überflüssig, da inzwischen mehrere Gerichte geurteilt haben, dass bei Personen, die den deutschen Staat und seine Gesetze ablehnen, davon ausgegangen werden kann, dass sie nicht im Sinne dieser Gesetze handeln und demnach nicht ordnungsgemäß mit Waffen umgehen, bzw. diese nicht gesetzeskonform aufbewahren [22].
Die zweite Maßnahme fordert, dass Antragsteller, zur Bearbeitung ihres Antrags, eine MPU vorlegen sollen. Abgesehen davon, dass Waffenbehörden bereits jetzt die Möglichkeit haben, von einem Antragsteller ein fachärztliches oder fachpsychologischen Gutachten zu verlangen, wenn Zweifel an seiner persönlichen Eignung vorliegen [23, 24], wird das Problem der Kosten und der mangelnden Verfügbarkeit entsprechender Termine, nicht berücksichtigt. Ebenso wie die Tatsache, dass es sich bei entsprechenden Gutachten lediglich um eine Momentaufnahme handelt.
Die dritte Maßnahme befasst sich mit dem Gastschießen für jedermann.
Derzeit ist es jeder Person, gegen die kein persönliches Waffenverbot verhängt wurde und die das jeweilige Mindestalter [25] nachweisen kann, möglich, z.B. einen Schießsportverein zu besuchen und den Schießsport auszuprobieren [25, 26]. Ebenso wie jede Person an einem Schnuppertraining in jeder beliebigen anderen Sportart teilnehmen darf.
Dieses Probetraining berechtigt weder zum erlaubnispflichtigen Erwerb von Waffen oder Munition, noch dürfen Schießtrainings generell ohne Aufsicht stattfinden [27] und erst recht kann nicht von einer „Ausbildung an der Waffe” gesprochen werden.
Der Schießsport ist ein gewaltfreier Sport, der hohe Anforderungen an körperliche und geistige Fitness stellt, sowie Körperbeherrschung und Konzentration fordert. Geschossen wird dabei ausschließlich auf zugelassene Ziele [28, 29]. Das Ammenmärchen, ein Amokläufer hätte das Schießen auf Menschen in einem Schützenverein gelernt, ist mit der Realität nicht übereinzubringen. Diese Maßnahme trifft nicht Gewalttäter, sondern ausschließlich die Schießsportvereine und Schießstandbetreiber.
Die Maßnahmen vier und fünf sind in ihrer zugrundeliegenden Annahme, Waffen seien aufgrund äußerlicher Erscheinungsmerkmale in ihrer Gefährlichkeit zu beurteilen, dermaßen absurd, dass an dieser Stelle nur darauf hingewiesen werden soll, dass diese Maßnahmen lediglich dazu geeignet sind die Schreibtische in beteiligten Behörden mit Papierstapeln zu überhäufen.
Der Teil der sechsten Maßnahme, der sich mit der Erwerbsberechtigung für Schreckschusswaffen befasst, entspricht zwar einer Vorgabe aus dem Koalitionsvertrag, wird aber bereits im Grundsatz durch geltendes EU-Recht unterlaufen.
Aufgrund der Änderungen in Waffengesetz und Beschussgesetz, die aus der Umsetzung der EU-Feuerwaffenrichtlinie resultieren [30], ist es allen Bürgern möglich, den Vorgaben entsprechende Schreckschusswaffen im EU-Ausland zu erwerben und erlaubnisfrei nach Deutschland zu verbringen [31, 32].
Zusätzlich handelt es sich hierbei um eine formale Vorgabe, die nicht geeignet ist, Ausschreitungen, wie beispielsweise in der zuvor genannten Silvesternacht, zu verhindern. Denn auch gemäß dem aktuellen Waffengesetz ist es verboten, mit einer Schreckschusswaffe im öffentlichen Raum zu schießen, solange keine Schießgenehmigung oder eine Notwehrsituation vorliegen [32, 33].
Der Teil hingegen, der sich mit der Forderung des Kleinen Waffenscheinens für den Erwerb von Armbrüsten befasst, kann nicht objektiv begründet werden und hätte auch nicht dazu geführt, eine der genannten Gewalttaten zu verhindern.
Die siebente Maßnahme klingt zwar erstmal sinnvoll und als wäre sie geeignet das Problem, aufgrund mangelnder Informationen nicht erfolgte Entwaffnungen bisheriger Täter zu ermöglichen, aber das Waffengesetz ist nicht das für Behördenkommunikation zuständige Gesetz [34, 35, 36, Bsp. 37]. Der Vorschlag wird also schlicht in falschem Zusammenhang und an der falschen Stelle genannt.
Selbst wenn all diese Maßnahmen umgesetzt worden wären, stellt sich die Frage, ob auch nur eine davon geeignet gewesen wäre, die in diesem Kontext genannten und zu Begründung herangezogen Gewalttaten zu verhindern.
Fazit und Ausblick
Das Vorhaben sich noch in dieser Amtszeit im Waffengesetz zu verewigen und „etwas zu tun“, scheint der Bundesinnenministerin sehr wichtig zu sein.
Etwas zu tun und etwas Richtiges oder Sinnvolles zu tun, sind allerdings zwei verschiedene paar Schuhe.
Um tatsächlich eine Verbesserung der inneren Sicherheit voranzutreiben, sollte man sich auf einen gemeinsamen Nenner verständigen. Dieser besteht offenbar im Wesentlichen darin, die Ausstattung der zuständigen Waffenbehörden und die Kommunikation zwischen den einzelnen Behörden, zu verbessern. Gemäß dem Inhalt der Berichte über entsprechende Gewalttaten der letzten Jahre, hätten die meisten dieser Taten bereits durch diese vergleichbar einfache Maßnahme verhindert werden können. Eine Verschärfung des Waffengesetzes ist dazu nicht notwendig.
Änderungen im Waffengesetz können jedoch sinnvoll sein und dazu beitragen, die personelle Ausstattung, der zuständigen Behören, indirekt zu verbessern, indem diese Behörden entlastet werden. Diese Entlastung kann aber naturgemäß nicht durch weitere Vorgaben und Aufgaben erreicht werden.
Bestehende Regelungen sollten sorgfältig geprüft und ggf. geändert oder gestrichen werden. Denn Regelungen die zwar Ressourcen binden, aber keinen nachweislichen Effekt haben, stellen lediglich eine vermeidbare Belastung der zuständigen Behörden und somit ein Hindernis für die Umsetzung geltenden Rechts dar.
Die im Koalitionsvertrag vereinbarten Maßnahmen, zur unabhängigen Evaluierung, in Kombination mit einer verbesserten statistischen Erfassung, scheinen ein sinnvoller Weg zu sein, um Probleme kenntlich zu machen und gezielte Verbesserungen zu ermöglichen.
Die Verschärfungspläne der Bundesinnenministerin hingegen, bergen das Potential, die Situation in den Behörden weiter zu verschlechtern und Bearbeitungs- sowie Reaktionszeiten zu verlängern. Eine effektive Verbesserung der inneren Sicherheit, oder gar die Verhinderung entsprechender Gewalttaten, anhand der Vorgeschlagenen Maßnahmen, sind hingegen nicht belegbar.
Dass die von Frau Faeser vorgeschlagen Maßnahmen jedoch eher dazu geeignet sind Gewalttaten zu verhindern, als es eine Personalaufstockung in den Waffenbehörden, oder die Verbesserung der Kommunikation zwischen den zuständigen Behörden wären, ist stark zu bezweifeln.
Quellenverzeichnis:
[2] https://www.bundesregierung.de/breg-de/service/gesetzesvorhaben/koalitionsvertrag-2021-1990800
[4] https://taz.de/Aktionsplan-gegen-Rechts/!5838307/
[10] https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/faeser-waffenbesitz-101.html
[11] https://www.n-tv.de/politik/Lindner-bremst-Faesers-Reform-fuers-Waffenrecht-aus-article23843851.html
[13] https://www.jagdschein-info.com/gastbeitrag-daniel-fraske-gruenen-gutachten-waffengesetz-keines/
[14] https://www.pirsch.de/news/kommt-ein-neues-waffenrecht-ministerium-verschickt-fragenkatalog-37091
[17] https://www.deutschlandfunk.de/spd-startet-wahlkampf-scholz-muss-teilnahme-absagen-104.html
[19] https://www.zeit.de/news/2023-12/29/faeser-mit-reform-des-waffenrechts-weiterkommen
[20] https://www.bundesregierung.de/breg-de/suche/massnahmenpaket-gegen-rechtsextremismus-2259614
[21] https://www.sg-km.de/2023/01/referentenentwurf-waffengesetz/
[23] https://www.gesetze-im-internet.de/waffg_2002/__6.html
[24] https://www.gesetze-im-internet.de/awaffv/__4.html
[25] https://www.gesetze-im-internet.de/waffg_2002/__27.html
[26] https://www.gesetze-im-internet.de/waffg_2002/__12.html
[27] https://www.gesetze-im-internet.de/awaffv/__10.html
[28] https://www.gesetze-im-internet.de/awaffv/__7.html
[30] https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/HTML/?uri=CELEX:32019L0069
[31] https://www.gesetze-im-internet.de/beschg/__8.html
[32] https://www.gesetze-im-internet.de/waffg_2002/anlage_2.html
[33] https://www.gesetze-im-internet.de/waffg_2002/__10.html
[34] https://www.gesetze-im-internet.de/waffg_2002/__1.html
[35] https://www.gesetze-im-internet.de/egovg/index.html
Es wird hier nur gegen rechtstreue Bürger gewettert die komplett unbescholten sind. Die alle drei Jahre und bei jeder Gelegenheit (Anmeldung einer Schusswaffe) überprüft werden, wer ist da ausser Rechrstreuen Bürgern noch dabei ???
Linke Straftäter, Terroristen und Islamisten werden von den aufgeführeten maßnahmen nicht beeindruckt oder wahrgenommen, da nimmt man Tote in Kauf.
Für mich ist das ein ablenken von Unfähigkeit und Inkompetenz, man ist auf dem linken Auge BLIND.
Kein Wunder. Frau Fäser kommt ja aus dieser Ecke. Ich bin im Forum Waffenrecht und es ist gut das jetzt endlich mal alle an einem Strick ziehen.